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Sind Sie schon digital transformiert?

Thomas Masselink • 14. Oktober 2019

Von Digitalisierung und Parken in 2. Reihe

Foto CROSS HARBOUR TUNNEL, Hongkong

Können Sie das Wort "Digitalisierung" auch nicht mehr hören? Und wissen Sie, was genau Sie da eigentlich digitalisieren sollen? Wenn ich bei Google nach "Digitalisierung" suche, erhalte ich knapp 29 Mio. Ergebnisse. Das ist beeindruckend.

Unter den ersten Einträgen sind zahlreiche Definitionen, was Digitalisierung ist, der Begriff wird erklärt - und vieles mehr. Dann kommen Artikel und Angebote wie man Digitalisierung macht – richtig macht natürlich.

„Finden Sie mit einem Check heraus, wie digital Ihr Unternehmen ist. Wir helfen Ihnen beim Einstieg in die Digitalisierung ihres Unternehmens.“ Digitalisierung revolutioniert die Wirtschaft, löst den Klimawandel, eröffnet neue Geschäftsfelder – und geht den meisten schon lange auf den Wecker.

Wege zur Digitalisierung gibt es viele – die meisten sind sehr kostspielig.

Ein Eintrag, der mir erklärt, warum ich mein Unternehmen digitalisieren sollte, ob die digitale Transformation (um das Schlagwort auch noch zu bringen) für mich überhaupt sinnvoll ist, habe ich auf den ersten von mir gecheckten Seiten nicht gefunden.

Das Ziel bestimmt die Richtung, also bestimme ich sinnvoller Weise doch erst einmal das Ziel. Das Thema Digitalisierung wird vielfach so gehandhabt, als wollte ich meinen alten Freund besuchen und steige schon mal ins Auto und fahre einfach mal los. Unterwegs schaue ich dann in meinem Notizbuch oder Smartphone nach, wo er denn gerade wohnt – und egal, ob er direkt nebenan wohnt oder in der Fußgängerzone oder in Tokio – ich bin schon mal mit meinem Auto in den nächstbesten Stau gefahren, denn wenn alle anderen hier lang fahren, kann der Weg für mich ja nicht so ganz falsch sein.

Ob die Digitalisierung der Welt nun Heil und Segen bringt und neue Geschäftsmodelle und immerwährenden Wohlstand oder das genaue Gegenteil, das ist gesellschaftlich sicher eine interessante Frage. Aber für einen Unternehmer zählt doch, welche Möglichkeiten die Digitalisierung für das eigene Unternehmen bringen kann. Dafür muss ich mich fragen, was macht mein Unternehmen? Wo will ich mit dem Unternehmen hin und ist es dafür hilfreich, sinnvoll oder gar notwendig, Prozesse, Anlagen oder Vertriebswege zu digitalisieren?

Wohin wollen Sie mit Ihrem Unternehmen? Was ist Ihr Plan? Und ja, schon wieder: Was ist ihre Strategie?

Nehmen wir ein Beispiel aus dem Handel: Amazon hat das Einkaufen verändert – leider auch den Straßenverkehr durch parkende Zusteller in der 2. – und wie ich neulich sah – in der 3. Reihe. Viele Anbieter haben sich auf das veränderte Einkaufsverhalten eingestellt und bieten ihre Waren nicht mehr nur stationär an, sondern über einen eigenen digitalen Vertriebsweg (Shop) und zusätzlich über Amazon. Die Steuerung der Produktion und der innerbetrieblichen Abläufe über digitale Anwendungen lassen wir in diesem Beispiel mal außen vor. Nach diesem beschriebenen Mechanismus greift das Modell Amazon im Handel immer weiter um sich und wird vermutlich irgendwann unsere Innenstädte verändern. Aber soll deshalb die Blumenhändlerin bei mir an der Ecke, die früh morgens ihre Blumen am Großmarkt von Hand aussucht, sie um 8.00 Uhr früh in den Laden schleppt, um dann um 10.00 Uhr zur Öffnungszeit alles hübsch drapiert zu haben – soll die ihre Sträuße bei Amazon anbieten oder sich Gedanken machen, wie sie ihre Abläufe im Laden digitalisieren kann? Sicher nicht. Nicht mit ihrem jetzigen Geschäftsmodell. Und das will sie genauso lassen. Ich habe sie gefragt.
Sie will keine Massenware ein- und verkaufen, sondern den exklusiven, wirklich individuellen Blumenstrauß und nicht den 08/15-Fledderstrauß mit einer individualisierten (da steht mein Name drauf) 08/15 Hässlichkarte. Digitalisierung ist bei ihr durch.

Nun haben wir es leider nicht alle so leicht, am bestehenden Geschäftsmodell festzuhalten und alles Neue als Teufelswerk zu verpönen. Vielmehr müssen wir uns Gedanken machen, wo eine digitale Transformation sinnvoll ist und wo nicht. Aber dafür müssen wir eben Klarheit darüber haben (oder bekommen), was wir eigentlich genau tun und inwiefern uns eine Digitalisierung dabei helfen oder gar ersetzen kann. Dann stimmt die Stoßrichtung und der riesige Moloch Digitalisierung, das große Gespenst an der Wand, ist plötzlich nur noch ein Werkzeug.

Was hindert mich in meiner Geschäftsentwicklung und was hilft mir? Und kann ich an einem dieser Punkte mit digitalen Prozessen oder Anwendungen ansetzen? Das sind die Fragen, die es zu beantworten gilt.

Summary:


  • Nur weil es alle tun, muss es für mich noch lange nicht das Richtige sein.
  • Erst das Ziel bestimmen und dann entscheiden, ob es dafür hilfreich ist, bestimmte Prozesse zu digitalisieren.
  • Sich auch mal fragen, was jemand tun würde, der mich aus dem Prozesse ausklammern will. Würde er mich digital ersetzen (können)?

(Foto: Pixabay)

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